Von Büchern, Oxford und Harry Potter

Unsere 3 Wochen in Schottland sind nun schon wieder vorbei und wir wieder gut zuhause angekommen. Der Bus ist ausgeräumt und die erste Ladung Wäsche ist auch schon in der Maschine. Es wird Zeit den Urlaub noch einmal Revue passieren zu lassen.

Nach unserem Besuch in Glasgow setzten wir unseren Weg Richtung Süden fort und machten als nächstes auf einem kleinen Farm-Campingplatz in der Nähe von Wigtown Halt. Wigtown ist Schottlands Bücherstadt. Es zählt zwar nur 921 Einwohner, hat aber über 10 Buchläden und Buchcafés. Ein Besuch in einigen der Läden war natürlich unumgänglich und so lernten wir auch zwei Amerikanerinnen kennen, die aktuell in der Wohnung über einem Buchladen Urlaub machen. Teil der Mietvereinbarung ist es, dass sie von ca. 10 bis 16 Uhr täglich den Bookshop darunter, der der Gemeinde gehört, betreiben. Eine wirklich originelle Idee.

Der Campingplatz selbst war auch super. Er war ziemlich leer und es gab wirklich alles, was man sich wünschen kann, sogar einen Gemeinschaftsraum mit Billardtisch und Schafe, Kühe und Pferde zum anschauen, füttern und streicheln. Das brachte uns dazu spontan eine Nacht länger zu bleiben und einfach noch einen Tag die Seele baumeln zu lassen und Kraft zu tanken für den nächsten Tag, an dem wir 6 Stunden Autofahrt hinter uns bringen mussten.

Als nächsten Zwischenstopp auf dem Weg Richtung Heimat hatten wir uns Oxford ausgesucht. Diese altehrwürdige englische Stadt ist wirklich sehr schön, aber leider von Touristen überlaufen. Wir entdeckten trotzdem ein Café, das eher von Einheimischen besucht wurde und konnten ganz herrliche Sandwiches und einmal mehr die Freundlichkeit der Briten genießen. Schön war es auch einige Drehorte der Harry-Potter-Filme zu besuchen, da wir während des ganzen Urlaubs den ersten Teil von Harry Potter gemeinsam gelesen hatten und dadurch die Begeisterung der Mädels geweckt war.

Am 26.08.23 hieß es dann „Bye bye, Great Britain!“ Gegen Mittag fuhr unsere Fähre. Leider standen wir vorher erst noch über eine Stunde im Stau vor der Grenzkontrolle. Dank des Brexit nehmen sowohl die Franzosen als auch die Briten die Passkontrollen sehr ernst, was wirklich nervt. So ein Rückschritt!

Aber wir wollen uns nicht zu lange mit den negativen Seiten beschäftigen. Was waren die Highlights unserer Schottland-Reise? Diese Frage hat jeder von uns vieren etwas anders beantwortet. Für Lukas war es ganz klar die Besteigung des Ben Nevis. Den Mädels haben der Besuch der Highland Games, der Campingplatz bei Wigtown und die Abenteuer-Wanderung zu den Steall Falls am besten gefallen. Aber auch als ich meine Favoriten, nämlich den Strand von Durness, den spontanen Besuch der Banksy-Ausstellung in Glasgow und den Hogwarts-Express aufzählte, bekam ich ein begeistert zustimmendes: „Oh, ja, stimmt! Das war auch toll.”

Abschließend kann man sagen, ein Besuch in Schottland lohnt sich auf jeden Fall. Man darf sicher nicht die Fahrstrecke unterschätzen. Wir haben insgesamt 4.500 Kilometer zurück gelegt. Aber für die tolle Landschaft, die Freundlichkeit der Menschen und die vielen schönen Erlebnisse, die dort oben auf einen warten, lohnt es sich auf jeden Fall.

Echt schottische Abenteuer

Die nächsten Tage sollten uns einige typisch schottische Abenteuer bescheren. Bevor wir Fort William hinter uns ließen, wollten wir noch zu den Steall Falls wandern, dem zweithöchsten Wasserfall Großbritanniens. Nachdem wir zwei Wochen lang erstaunlich gutes Wetter gehabt hatten, mit viel Sonne und nur ganz kurzen Regenschauern, bekamen wir an diesem Tag die volle Ladung schottischen Regens ab. Vom hauchfeinen Nebelregen, bis zu tropfnassen Windböen mitten ins Gesicht war alles dabei. Zudem war die Wanderung weiter und steiler als gedacht und je näher wir dem Wasserfall kamen, umso mehr Midges griffen uns an. Zum Glück hatten wir zwischenzeitlich zwei von diesen affigen Kopfnetzen gekauft, sodass zumindest die Mädels vor den Angriffen der kleinen Biester sicher waren. Uns kamen immer wieder fluchende und mit den Armen wedelnde Wanderer und ihre weinenden Kinder entgegen. Und am Ziel angekommen, konnten wir den Wasserfall nur ganz kurz bestaunen, bevor wir wieder die Flucht ergriffen. 

Trotz des Dauerregens und der vielen Mücken waren die Mädels erstaunlich gut drauf, sodass wir diesen Ausflug unter spannendes Abenteuer verbuchen konnten. Nachdem wir uns im Bus aus unseren nassen Klamotten geschält hatten und alles nach einem ausgeklügelten System zum Trocknen aufgehängt hatten, gab es Tütennudeln, die beste Belohnung nach so einem Abenteuer, die man sich nur vorstellen kann.

Am nächsten Tag führte uns unsere Reise nach Crieff, wo an diesem Tag Highland Games stattfanden. Auch das war ein tolles Erlebnis. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus sportlichem Wettkampf, Konzert und Jahrmarkt. Und alles gleichzeitig. Die Schotten duellierten sich sowohl in klassischen Disziplinen wie Baumstammwerfen, Tauziehen und Hammerweitwurf, als auch im Sprint, Radrennen und Weitsprung. Permanent hat irgendwo ein Dudelsack gespielt und wir konnten dem Einzug des Chieftains (des Clanführers) beiwohnen, bei dem viele Pipebands nacheinander eine Runde über den Platz drehten.

Die kleinste der Familie konnte eine riesige „German Bratwurst“ essen, die hier in einem Hotdog-Brötchen und wahlweise mit allerlei Schnick-Schnack, wie Bacon, Käse und Barbecue-Soße angeboten wird. Springen auf dem Trampolin und eine Fahrt auf dem Freefall-Tower waren auch drin. 

Gleich in der Nähe von Crieff gibt es die älteste Whisky-Destillerie Schottlands, die Glenturret Distillery. Leider waren die Führungen an diesem Tag schon alle ausgebucht, aber wir konnten zumindest mal 50 Jahre alten und 50.000 Pfund teuren Whisky bestaunen.

Als nächste Station stand Glasgow auf unserem Programm, mit 625.000 Einwohnern die größte Stadt Schottlands. Bis vor wenigen Jahren war Kriminalität hier wohl auch noch ein großes Problem. Wir haben hiervon erfreulicherweise überhaupt nichts mitbekommen. Wir standen 2 Nächte auf einem relativ ruhigen Parkplatz am Kelvingrove Museum, von wo aus wir die Stadt erkundeten. Am ersten Abend wurden wir leider aus einem Café geschmissen, da Kinder hier anscheinend schon nach 18 Uhr nicht mehr anwesend sein dürfen. Also haben wir uns Bier und Fanta im nahen Tesco-Express besorgt und hatten einen lustigen Abend mit Chips und Harry Potter lesen im Bus.

Am nächsten Tag standen wir extra früh auf, um am Schalter für Tagestickets der Gallery of Modern Art Eintrittskarten für die ansonsten vollkommen ausverkaufte Ausstellung von Banksy zu ergattern. Wir hatten Glück und konnten am Abend noch mal mit der U-Bahn, die in Glasgow irgendwie kleiner ist als in anderen Städten (sowohl die Züge als auch die Bahnsteige), in die Innenstadt fahren und diese beeindruckende Ausstellung besuchen. 

Nach 2 Tagen in der großen Stadt hatten wir dann genug und machten uns auf den Weg nach Süden, um die letzten Tage in Großbritannien zu genießen.

Old Man of Storr, Loch Ness, Harry Potter Viadukt und Ben Nevis – Schottlands Must-Sees

Mit Eilean Donan Castle waren wir schon in den touristischsten Teil unserer Reise gestartet und in den nächsten Tagen jagte ein Highlight das nächste. Nachdem wir mal wieder für eine Nacht den Luxus eines Campingplatzes genossen hatten, fuhren wir auf die Isle of Skye zum Old Man of Storr. Dabei handelt es sich um einen Felsen, der sich durch Erosion vom Rest des Berges gelöst hat und ein absoluter Touristenmagnet ist. Beim Aufstieg hörten wir alle möglichen Sprachen, von Chinesisch bis American English. Die Landschaft auf der Isle of Skye unterscheidet sich doch deutlich von der der nördlichen Highlands und erinnert ein bisschen an die Canyons in Nordamerika.

Old Man of Storr auf der Isle of Skye

Am nächsten Tag erreichten wir Fort Augustus und standen am Ufer von Loch Ness. Leider konnten auch wir die Existenz von Nessie nicht bestätigen. Dafür gab es aber ein leckeres Eis, bevor wir weiter nach Fort William fuhren. Der Ort ist ein Zentrum für Wanderer, was nicht verwundert, denn er liegt am Fuße von Schottlands und auch Großbritanniens höchstem Berg, dem Ben Nevis.

Wir nutzten die gute Infrastruktur hier um unsere Vorräte mal wieder aufzufüllen. Und wie immer auf unseren Reisen wagten wir uns auch an einheimische Spezialitäten. Das ist in Schottland ja bekanntermaßen Haggis. Im Original handelt es sich hierbei um einen mit Innereien gefüllten Schafsmagen. Da uns das doch eine Spur zu krass war, entschieden wir uns für die vegetarische Variante. Diese stellte sich als ausgesprochen gesund und schmackhaft heraus, sodass wir wohl ein paar Portionen nach Deutschland importieren müssen. Außerdem erwarben wir einen Vorratspack Chips, der 20 kleine Tütchen in verschiedenen Geschmacksrichtungen enthält. Für Briten stellt so eine kleine Packung „Crisps“ einen legitimen Snack für zwischendurch dar. Für uns wird es wohl eher als Jahresvorrat für den wöchentlichen Familien-Film-Abend reichen.

Durch eine Aneinanderreihung glücklicher Umstände konnte ein kleiner Teil der Reisegruppe noch ein weiteres Highlight erleben. Auf dem Weg zum Glenfinnan Viadukt schafften wir es ganz knapp vor der Schließung einer Straße aufgrund von Bauarbeiten noch hindurch zu huschen und so einen großen Umweg zu vermeiden. Die Parkplätze vor Ort waren leider alle voll, aber so wurde die Mutti kurzerhand am Straßenrand raus geschmissen, während der Rest der Familie einen etwas weiter entfernten Parkplatz suchte. Wenig später wurde auch klar, warum so viel los war. An den Hängen um das Eisenbahn-Viadukt herum sammelten sich die Harry Potter Fans aus aller Welt um mitzuerleben wie der Hogwarts-Express vorbei fährt, was insgesamt nur vier mal am Tag passiert.

Glenfinnan-Viadukt

Am Tag danach gab es für den Rest der Familie dann auch noch ein Highlight. Die Mädels waren sehr glücklich damit einen Tag auf dem Campingplatz mit super WiFi zu chillen, während Lukas den Ben Nevis erklomm. Leider erwischte er nicht einen von 10 Tagen im Jahr, an denen die Bergkuppe nicht wolkenverhangen ist, aber es war trotzdem ein tolles Erlebnis.

Von Munros, Midges und jeder Menge Schafen

Am 7. Tag unserer Reise erreichten wir die Northern Highlands of Scotland und damit eine Landschaft, die uns deutlich mehr zusagt als das Flachland der letzten Tage. Den Mädels in der zweiten Reihe fiel sofort auf, dass sie die Berge stark an unsere Reise um die Ostsee im letzten Jahr erinnerten. Und tatsächlich ähnelt die Landschaft der Nordfinnlands und Schweden. Aber die Berge hier sind auffallend baumlos. Es gibt auch wenig tiefe Schluchten. Die Täler sind breit und man hat einen weiten Blick über die Heidelandschaft. Ganze Berghänge sind hier mit lila blühendem Heidekraut bedeckt und es grasen Unmengen von Schafen nahezu wild.

Unser erster Stopp ist Knockan Crag, wo wir eine kleine Wanderung auf einem interessanten Lehrpfad unternahmen und dabei lernten, dass Schottland vor mehreren Millionen Jahren ein Teil Nordamerikas war, bevor es sich ablöste und mit dem englischen Teil der Insel kollidierte. 

Hier machten wir auch zum ersten Mal Bekanntschaft mit den Midges, winzig kleinen, ziemlich fiesen Fliegen, die am Abend, wenn der Wind nachlässt, plötzlich zu tausenden ausschwärmen und sich auf jede freie Hautstelle stürzen, um Blut zu saugen. Da wir schon von diesen kleinen Vampiren gelesen hatten, waren wir sehr vorsichtig und hielten die Bustüren und -fenster nach unserer Wanderung geschlossen. Neben uns auf dem Parkplatz stand allerdings eine Familie, die später ankam und wohl etwas unvorsichtiger war. Sie sind nach kurzer Zeit wieder geflüchtet und bis auf den Fahrer, der die Hände am Lenkrad lassen musste, schlugen alle Mitfahrer wild um sich.

Am nördlichsten Punkt unserer Reise, in Durness, entschieden wir uns dazu 2 Nächte auf dem einzigen vorhandenen Campingplatz zu verbringen. Da die Konkurrenz dort oben so gering war, konnten sich die Betreiber auch leisten kein kostenloses WiFi anzubieten und die Gäste stattdessen ins Pub nebenan zu lotsen. Die Chips und das Bier dort waren sehr lecker, das Internet funktionierte aber trotzdem nicht.

Der Aufenthalt in Durness hat sich aber trotzdem absolut gelohnt. Die weißen Sandstrände waren einfach wunderschön und auch die größten Sanddünen Großbritanniens und die Höhle „Smoo Cave“ waren einen Besuch wert. Und auch über Schafe haben wir etwas gelernt. Direkt neben dem Campingplatz befand sich eine Weide, auf der die frisch von ihren Müttern getrennten Jungschafe gehalten wurden. Die haben den ganzen Tag und vor allem die ganze Nacht ihren Kummer heraus geblökt und wir konnten feststellen, dass jedes Schaf sein ganz eigenes liebliches Stimmchen hat. Vom lauten, hellen Mäh bis zum tiefen Laut, der erschreckend an den Morgen nach einer durchzechten Nacht erinnerte, war alles dabei.

Durness Beach

Hier oben begegneten wir auch zum ersten Mal einer italienischen Wohnmobil-Reisegruppe. Man sollte meinen Camper seien Individualisten, die deshalb auf diese Art reisen, weil sie spontan und ganz für sich alleine bestimmen wollen, wann sie wo sind. Aber es gibt offensichtlich auch Leute, die sich nur in der Karawane in fremde Länder trauen. Bisweilen ist so ein Zug von 15 bis 20 Wohnmobilen aber auch ein echtes Verkehrshindernis. Einige Tage später begegneten wir ihnen nämlich wieder. Und die Straßen im Norden Schottlands werden teilweise nur als Single Track mit Ausweichbuchten ausgeführt. Blöd nur, wenn man für ein entgegen kommendes Wohnmobil an den Rand fährt und dann feststellen muss, dass noch 20 folgen.

Auf unserem Weg zurück Richtung Süden machten wir an einem ganz typischen Ziel für wandernde Schottland-Urlauber Halt, nämlich dem Stac Pollaidh, einem Berg, der zwar nur 612 Meter hoch ist, aber alleine steht und einen tollen Blick auf die Umgebung erlaubt. Die Wanderung gestaltete sich zu Beginn recht ereignislos, wenn man vom obligatorischen „Motzekind“ absieht. Diese Rolle teilen sich unsere Mädels übrigens ganz hervorragend auf. Mal schimpft die eine über die unmenschlichen Anstrengungen, die wir ihnen zumuten, mal die andere. Aber sie schimpfen nie beide gleichzeitig und sind auch leider nie beide gut drauf.

Blick vom Stac Pollaidh

Kurz vor Erreichen des Parkplatzes wurde der Boden aber leider sehr matschig und plötzlich verschluckte der Weg ohne Vorwarnung ein ganzes Bein unserer kürzesten (und bei dieser Wanderung glücklicherweise gut gelaunten) Tochter. Sie steckte auf einmal bis zum Oberschenkel im stinkenden Morast, konnte sich aber selbst wieder befreien. Zum Glück kann man die Dusche im Bus ohne Probleme zur Außendusche umfunktionieren und die Klamotten und der Schuh waren im Bach nebenan schnell wieder ausgewaschen.

Um am nächsten Tag weniger Schritte tun zu müssen und auch nicht von hinterlistigen Wegen aufgefressen zu werden, steuerten wir Eilean Donan Castle an. Es war zwar recht touristisch, aber auch sehr interessant. Und es ist natürlich einfach schön anzusehen, wie diese Burg auf einer kleinen Felseninsel im Meer liegt.

Die bergige Landschaft bleibt uns auch in den nächsten Tagen noch erhalten. Wir werden die Isle of Skye und die Gegend um Fort William erkunden. Und vielleicht ist auch noch eine Besteigung des höchsten Munro (so bezeichnen die Schotten alle Berge über 3000 ft = 914,4 m), des Ben Nevis, drin.

Edinburgh und die schottische Ostküste

Das Übertreten bzw. Überfahren der englisch-schottischen Grenze gestaltete sich recht unspektakulär. Neben der Autobahn, auf einem kleinen Parkplatz, stand ein Stein mit einer Hinweistafel. Als Tourist kann man schnell links ran fahren, ein Foto knipsen und weiter düsen. Wobei man in Großbritannien bei weitem nicht so schnell auf der Autobahn „düst“, wie in Deutschland. Höchstgeschwindigkeit ist hier 113 km/h bzw. 70 mph. Aus diesem Grund ist es auch möglich, dass alle paar Meilen ein Kreisverkehr den Verkehrsfluss unterbricht, oder Hausausfahrten direkt auf die Autobahn münden. Von Zeit zu Zeit kann man auch von der Überholspur nach rechts über die zweispurige Gegenfahrbahn abbiegen.

Edinburgh erreichten wir am Montag Nachmittag und steuerten direkt unseren Stellplatz für die Nacht an. Wir hatten uns für einen Supermarktparkplatz entschieden, der nahe genug an der Innenstadt lag und von anderen Campern gut bewertet war. Die einzige Hürde hierbei war die Bezahlung per App. In dieser konnte man sich nämlich nur mit britischer Telefonnummer anmelden, weshalb wir uns kurzerhand noch eine englisch Sim-Karte besorgten. Der freundliche indische Ladenbesitzer von nebenan hat uns hier super weiter geholfen. Wieder einmal ausgesprochen freundlich, die Briten!

Die Innenstadt von Edinburgh hat sich uns dann von ihrer besten Seite gezeigt. Wir haben in einem netten Café unsere ersten schottischen Chips gegessen, wahlweise pur, mit Fish oder als „Fully loaded dirty Chips“. Dazu gab es wirklich tolle Straßenmusik von „One man Dancing“ (falls den jemand googeln möchte).

Für den Abend hatten wir Tickets für die „Camera obscura“, ein Museum der optischen Täuschungen in der Nähe des Edinburgh Castle, gebucht. Auf dem Weg die Royal Mile nach oben kamen wir in den Genuss einiger weiterer toller Straßenkünstle, da gerade ein entsprechendes Festival in der Stadt stattfand. Das Museum selbst war wirklich gut und hat sowohl die Mädels als auch uns begeistert.

Die Nacht auf dem Supermarktparkplatz war tatsächlich erfreulich ruhig, sodass wir am nächsten Morgen gut ausgeschlafen waren und uns spontan zu einer Wanderung auf den 251m hohen Hausberg Edinburghs, Arthur’s Seat, entschieden. 

Arthur’s Seat

Unsere Route nach Norden führte uns im weiteren durch Falkirk, das mit zwei Touristenattraktionen aufwartet, die so richtig schön ausgeschlachtet werden. Inklusive kostenpflichtiger Parkplätze, kleinem Vergnügungspark, Pommesbuden und Cafés. Beeindruckend waren das Schiffshebewerk „Falkirk Wheel“ und die riesigen Pferdeköpfe „Kelpies“ allerdings schon.

The Kelpies

Unsere nächste Station war die kleine Stadt Arbroath mit ihrer Abbey. Die Ruine des Klosters war ja ganz schön, das Städtchen selbst konnte uns aber so gar nicht überzeugen. Zwar fanden wir einen schönen Stellplatz direkt am Meer, aber dieser konnte uns nicht davon abbringen unsere weitere Route entlang der Ostküste Schottlands etwas zu kürzen. Am Donnerstag nahmen wir deshalb eine längere Strecke unter die Räder und machten in der Nähe von Inverness Halt. Den berühmten See Loch Ness, der hier gleich um die Ecke liegt, heben wir uns für den Rückweg auf und begeben uns nun erst mal in die schottischen Highlands, die uns landschaftlich weit mehr zusagen, als der flache Süden.

„Rechts abbiegen ist wie links abbiegen“ und andere Abenteuer auf dem Weg nach Schottland

Nachdem wir in den Pfingstferien schon unseren Sommerurlaub in der Toskana verbracht hatten, stand für die großen Ferien wieder ein Ziel im Norden Europas auf dem Plan. Schon in den letzten zwei Wochen vor der Abfahrt hatte uns das Wetter in Deutschland auf Großbritannien eingestimmt. Es war kühl, windig und zeitweise verregnet und nachdem wir in den letzten Jahren wiederholt in Skandinavien waren, kam schon richtig Urlaubsfeeling auf. 

Am Freitag, den 4.8.23, kurz nach 16 Uhr saßen wir alle im gepackten Bus und fuhren zunächst ein ganzes Stück westwärts. In der Nähe von Aachen fand sich ein schöner, ruhiger Stellplatz für die erste Nacht und wir konnten gut erholt in den etwas anstrengenden zweiten Reisetag starten. Im Laufe weniger Stunden passierten wir 4 Ländergrenzen. Am Morgen waren wir noch in Deutschland, fuhren dann durch die Niederlande, Belgien und ein kleines Stückchen Frankreich, um dort in Calais die Fähre nach Dover in England zu nehmen.

Dank des Brexit zog sich die sehr gewissenhafte Passkontrolle ganz schön in die Länge. Der Brite, der uns alle ganz genau mit den Bildern in unseren Pässen verglich, war aber überaus freundlich und hielt noch ein kleines Pläuschchen mit uns. Später sollten wir noch feststellen, dass die Briten insgesamt ein sehr freundliches und zuvorkommendes Völkchen sind.

Wir hatten uns vorgenommen nach der Fährfahrt in England noch bis Cambridge zu fahren. Dort angekommen, war leider der Stellplatz an einem Pub schon bis auf den letzten Platz voll. Die Stimmung unserer kleinen Reisegruppe war mittlerweile auf dem Tiefpunkt und insbesondere die Reisenden aus der zweiten Reihe konnte nur noch ein spätes Abendessen im „Restaurant zur goldenen Möwe“ wieder aufmuntern.

Schließlich fanden wir spät abends einen ruhigen Stellplatz an einem See, wo schon einige andere Camper standen. So kaputt wie wir alle waren, schliefen wir ganz wunderbar. Leider gab es am nächsten Morgen ein böses Erwachen. Ein Reifen unseres Busses war platt. Vor der Abreise hatten wir zum Glück den Luftdruck gecheckt, sogar den des Ersatzrades. Und ich dachte mir noch, dass man so ein Ersatzrad doch sowieso nie braucht. Weit gefehlt! Endlich hatte die glorreiche Stunde des fünften Rads am Wagen geschlagen.

So ein Radwechsel ist ja eigentlich nicht besonders schwer. Nur hatten wir die Rechnung ohne die  Radschrauben gemacht. Drei der 5 Schrauben ließen sich weder mit roher Gewalt noch mit lieblichen Worten oder bösen Beschimpfungen bewegen. Zu unserem großen Glück stand auf dem Parkplatz am See auch die freundliche Amy mit ihrem selbst ausgebauten Bus, die uns mit gutem Rat und schließlich auch einem Spaten zum Verlängern des Hebels aushalf. Damit ließen sich die Schrauben letztendlich doch bewegen und wir konnten die Räder tauschen. Zum Dank haben wir Amy einen unserer leckeren fränkischen Weine überlassen, von denen wir reichlich eingepackt hatten. Denn England ist schließlich nicht für seinen Wein bekannt.

Mit etwas Verspätung machten wir uns dann auf den Weg nach Alnwick, das sich noch südlich der schottischen Grenze befindet. Die Fahrt dort hin war auch noch mal ein ganz schöner Gewaltmarsch, denn der Campingplatz, den wir uns ausgesucht hatten, hatte sehr strikte Öffnungszeiten. Auch sonst waren dort an allen Ecken und Enden Schilder mit diversen Ge- und Verboten aufgestellt. Beim Einchecken waren ganze drei Mitarbeiter damit beschäftigt uns in den Computer und eine handgeschriebene Liste aufzunehmen und uns nach einigem Hin und Her einen Platz zuzuweisen. Sie machten den Anschein als sei der ganze Campingplatz voll, dabei war auf dem wunderbar grünen Rasen noch so viel frei. Wahrscheinlich hätten wir aber am nächsten Morgen dem Herrn mit dem Aufsitzmäher im Weg gestanden, der sich hingebungsvoll der Rasenpflege widmete. 

Am nächsten Morgen unternahmen wir noch eine kleine Wanderung zu einer Burgruine, die uns quer über Schaf- und Kuhweiden und an einem kleinen Strand vorbei führte, bevor wir uns auf den Weg nach Edinburgh machten und endlich die schottische Grenze überquerten. 

Dunstanburgh Castle

Mittlerweile hatten wir uns auch an den Linksverkehr in Großbritannien gewöhnt. Nur beim Abbiegen mussten wir uns noch gelegentlich gegenseitig erinnern, dass rechts abbiegen hier oben ist, wie links abbiegen zuhause. Auch die Kreisverkehre, die meist mehrspurig sind, im Uhrzeigersinn befahren werden und manchmal sogar mit Ampeln ausgestattet sind, schüchterten uns schon gar nicht mehr so sehr ein.

Die Entfernungsangaben in Yards und Meilen gehen leider nicht so schnell in Fleisch und Blut über. Und man fragt sich zwischendurch schon, warum die Briten auf Teufel komm raus alles anders machen müssen. Ein Wunder, dass sie nicht auch noch die Zeit in anderen Einheiten messen als der Rest Europas.

Unsere Reise im Rückspiegel

Nachdem 12 Ladungen Wäsche gewaschen, getrocknet, gefaltet und in die Schränke zurück geräumt sind und auch alle anderen großen und kleinen Dinge zurück an ihren angestammten Platz gefunden haben, wird es Zeit für einen Rückblick und ein Fazit.

Wir waren 58 Tage unterwegs und haben in dieser Zeit 9157 Kilometer zurück gelegt. Unsere Route führte uns neben Deutschland durch Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen. Wir haben für diese Fahrt 782 Liter Diesel verbrannt, was einem Durchschnittsverbrauch von 8,5 Litern auf 100 Kilometern entspricht. Das ist gar nicht so schlecht. Wir haben dabei allerdings 3 Tonnen CO2 freigesetzt. Diese Menge werden wir auf jeden Fall noch kompensieren. Der Durchschnittspreis für den Liter Diesel lag auf unserer Reise übrigens bei 2,14€.

Und damit wären wir auch schon bei den Kosten. Wer schnell den Taschenrechner gezückt hat, weiß schon, dass wir für Diesel etwa 1670 € bezahlt haben. Die Übernachtungen auf Stell- und Campingplätzen haben knapp 700 € gekostet. Lebensmittel haben mit circa 1000 € zu Buche geschlagen. Und für Freizeitaktivitäten jeglicher Art (Museen, Parkplätze, Mitbringsel, aber auch die 3 Fährfahrten sind hier mit eingerechnet) haben wir in Summe 1300 € ausgegeben. Das macht in Summe etwa 4700 €. Das ist gar nicht so viel, wenn man bedenkt, dass wir damit zu viert 8 Wochen „Urlaub“ gemacht haben.

Aber so eine Reise besteht ja im Rückblick nicht nur aus Zahlen und Fakten, sondern vielmehr aus tausenden kleinen und großen Erinnerungen. Wir haben so viel erlebt, dass man gar nicht alles auf einmal erzählen kann. Und manche Details, besonders vom Beginn der Reise, fallen uns erst wieder ein, wenn wir Fotos anschauen oder diese Blogbeiträge lesen. Aber was waren unsere Highlights?

Von Finnland ist uns besonders unser Tag in Helsinki in guter Erinnerung. Ich weiß nicht, ob es an der Stadt selbst, oder an der guten Stimmung zwischen uns vieren lag, aber wir hatten einen wirklich tollen Tag in der finnischen Hauptstadt. Die spontane Fahrt mit dem Riesenrad hat dem ganzen das Krönchen aufgesetzt.

Der Stellplatz mit privater Sauna gehört auch definitiv zu unseren Favoriten. Das muss man in Finnland einfach mal gemacht haben. Und dass wir selbst anschüren konnten, war ein schöner Bonus. 

Für die Mädels waren die Erlebnisse mit Tieren die schönsten. Sie hatten einen riesigen Spaß beim Streicheln von Hundebabys in Finnland und beim Beobachten der Raubtiere im Park im Norden Schwedens. Auch die gelegentlichen Rentiere auf der Straße haben sie schwer beeindruckt. 

An den Wanderungen hatten fast alle großen Spaß. Wir haben den Mädels dabei teilweise ganz schön was abverlangt, aber besonderes die Kleinste der Familie hat einen riesigen Ehrgeiz entwickelt. Und die Ausblicke haben uns alle immer wieder für die Anstrengungen belohnt.

Landschaftlich waren ganz klar die Lofoten am beeindruckendsten. Aber auch der Vildmarksvägen mit seinen vielen schönen Wasserfällen hat uns sehr begeistert.

Auch wenn wir keine Mitternachtssonne gesehen haben, war es doch faszinierend Nächte ohne völlige Dunkelheit zu erleben. Und es ist interessant zu sehen wie die Sonne nach kurzer Zeit an fast der gleichen Stelle wieder über den Horizont steigt, an der sie nur kurz vorher versunken ist.

Und was bleibt an Erkenntnissen nach diesen 8 Wochen zurück? 

Da hat jeder von uns sicher seine ganz eigenen Aha-Erlebnisse gehabt. Für mich persönlich war es die Erkenntnis, dass ich auch nach 8 Wochen immer noch kein Heimweh entwickelt habe und noch Wochen, wenn nicht gar Monate, hätte weiter reisen können.

Vor allem nachdem wir wieder zuhause angekommen sind, haben wir festgestellt, dass man wirklich nicht viel braucht um glücklich zu sein. Unser Haus ist voller Sachen, aber wir waren mit dem was wir dabei hatten, vollkommen zufrieden. Sicher haben wir unterwegs mal das ein oder andere vermisst, aber im Großen und Ganzen passt alles, was wir vier brauchen auf 12 Quadratmeter.

Unsere Mädels haben uns unterwegs auch mit einigen philosophischen Gedanken überrascht. Unsere Kleine hat uns auf die für sie völlig klare Tatsache hingewiesen, dass man sich nicht immer so viele Gedanken machen und einfach das Hier und Jetzt genießen sollte. 

Unsere Große hatte vor der Reise sicher die größten Vorbehalte. Sie konnte sich nur schwer für eine so lange Zeit von ihrer besten Freundin trennen. Aber sie hat uns nach einigen Wochen mit der Erkenntnis überrascht, dass es sich lohnt raus in die Welt zu gehen und etwas zu erleben. Sie meinte: „Mut wird belohnt.”

Insgesamt hat uns die Reise als Familie auch einfach zusammen geschweißt. Klar geht man sich immer wieder furchtbar auf die Nerven. Aber es war schön zu sehen, dass unsere Mädels sich am ersten Abend zuhause nicht von einander trennen konnten und sich zusammen in ein Bett gekuschelt haben. Und das obwohl es vorher gefühlt 8 Wochen lang jeden Abend Zoff vorm Einschlafen gab. 

Kurzum kann man sagen, dass unsere Tour rund um die Ostsee für uns genau die richtige Art zu reisen war und auch der Zeitpunkt perfekt gepasst hat. Wir konnten unser Fernweh damit aber definitiv nicht kurieren. Ganz im Gegenteil, wir haben Lust auf noch viel mehr.

Hejdå Sverige

Eigentlich stand auf unserer Liste noch ein Besuch in Göteborg. Aber nachdem wir in jeder Stellplatzbeschreibung von aufgebrochenen Auto gelesen haben, war schnell klar, dass wir so einen Abschluss unserer Reise wirklich nicht brauchen. Wir steuern also direkt das südlicher gelegene Åsa an. 

Dort stranden wir auf einem Campingplatz, der voller Dauercamper ist und wir ergattern gerade noch so einen Platz in der Sardinenbüchse. Strand und Sanitäranlagen sind makellos, aber trotzdem überkommt mich doch ganz akute Sehnsucht nach der Einsamkeit im Norden Skandinaviens. Es ist schnell klar, dass wir hier nur eine Nacht bleiben und es weiter südlich noch mal auf einem anderen Campingplatz versuchen.

Durch einen Tippfehler beim Eingeben der Koordinaten ins Navi kommen wir an der Radiostation Grimeton vorbei, einer Funkstation für Längstwellen aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, mit der man erstmals kabellos mit New York kommunizieren konnte. Es ist eine wirklich beeindruckende Anlage mit einem liebevoll angelegten Spielplatz, wo wir einen schönen Nachmittag verbringen.

Schließlich finden wir noch einen Campingplatz nach unserem Geschmack. Er bietet zwar Platz für mehrere hundert Camper, ist aber nur noch mit circa 30 belegt. Hier genießen wir in den nächsten Tagen den Luxus einer Spülmaschine, spielen Minigolf und fahren Tretauto. Wir kaufen im angegliederten Shop Eis, Chips und Schokolade zu einem Bruchteil des ursprünglichen Preises und die Mädels haben das große Hüpfkissen auf dem Spielplatz ganz für sich alleine.

Das Wetter ist auch noch mal sehr gnädig mit uns und beschert uns Sonne und angenehme 20°C. Wir wagen uns sogar noch mal zu einem Bad in die Ostsee, nachdem uns ein Norweger versichert hat, das Wasser sei super angenehm. Naja, ist alles eine Frage der Perspektive…

Aber trotz des schönen Wetters lässt sich nicht leugnen, dass der Herbst mit großen Schritten näher kommt. Jeden Abend beobachten wir Scharen von Gänsen, die aus dem Norden ankommen und am nächsten Morgen Richtung Süden weiter ziehen.

Da uns nur Faulenzen auf Dauer nicht reicht, besuchen wir an einem Tag das nahe gelegene Varberg. Dort gibt es eine schöne Burganlage mit einem netten kulturhistorischen Museum, dass mit seiner ca. 700 Jahre alten Moorleiche auch die Mädels faszinieren konnte. Aber auch der anschließende Besuch im Café mit seinen leckeren Pfannkuchen trägt zum positiven Eindruck nicht unwesentlich bei.

Nach drei entspannten Tagen machen wir es schließlich wie die Gänse und ziehen weiter Richtung Süden. Aber nicht ohne vorher noch einen Abstecher zum größten Supermarkt der Welt in Ullared gemacht zu haben. Das ist ein Erlebnis, das man nicht unbedingt zwei mal braucht und ich bin froh, dass wir nicht in der Vorweihnachtszeit hier sind, wenn ganz Schweden seine Geschenke zu Schnäppchenpreisen dort einkauft.

Bei bedecktem Himmel und 7 Windstärken fahren wir in Trelleborg auf die Fähre Richtung Deutschland. Zum Glück sind die Wellen dann doch nicht so hoch wie erwartet, sodass die Spucktüten und Reisekaugummis im Rucksack bleiben können. Wir genießen eine ereignislose Fahrt und gehen bei Dunkelheit und Nieselregen in Travemünde von Bord. Passender könnte das Wetter nicht sein.

Zum Glück klart es am nächsten Tag wieder auf, sodass wir uns noch ein bisschen im schönen Lübeck umschauen können. Leider fallen hier mies gelaunte Rentner an der Supermarktkasse und die Unmöglichkeit einen Kaffee mit der Karte zahlen zu können unangenehm auf. Irgendwie war es in Skandinavien entspannter.

Einen allerletzten Urlaubstag verbringen wir schließlich in Hamburg. In der Nähe besuchen wir Freunde und die Kleinste der Familie kann den Geburtstag ihrer besten Freundin vor Ort mit feiern. Die restlichen 3/4 machen einen ausgedehnten Spaziergang durch Blankenese, zum Treppenviertel und zwei Schiffswracks am Elbstrand.

Wir haben in der letzten Woche 732 Kilometer zurück gelegt. Nun liegen noch gut 600 Kilometer vor uns, dann werden wir nach 8 Wochen wieder zuhause sein – irgendwie ein unwirkliches Gefühl.

Der Sommer in Schweden geht zu Ende

Nachdem wir den Vildmarksvägen verlassen haben, führt uns unsere Route zunächst nach Osten und nach dreieinhalb Wochen im skandinavischen Norden wieder zurück an die Ostseeküste. Die Tatsache, dass wir 236 Kilometer in knapp 4 Stunden zurück legen, zeigt eindrücklich, dass das Reisen hier oben langsamer geht. Aber das stört uns ganz und gar nicht. Wir erreichen schließlich Örnskölsvik und gehen nach einigen Tagen mal wieder auf einen richtigen Campingplatz. 

Am Nachmittag wollen wir uns dann mutig an den in diesem Teil Schwedens berühmten Surströmming heran wagen. Das ist ein in Milchsäure vergorener Hering, der immer Ende August Saison hat. Wir kommen also genau richtig. Als wir aber das Surströmming-Museum mit daran angeschlossenem Restaurant besuchen wollen, müssen wir feststellen, dass die Feriensaison in Schweden schon zu Ende ist. Wie viele andere Touristenattraktionen hat auch dieses Museum mit Ende der schwedischen Sommerferien bereits dicht gemacht. 

Aber zu unserem Glück steht vor dem Museum ein für alle erreichbarer „Sniffomat“, in dem eine geöffnete Dose mit dem vergorenen Fisch steht. Wir nehmen alle eine Nase voll und sind uns plötzlich nicht mehr so sicher, ob wir diese Delikatesse wirklich auch essen wollen. In den folgenden Tagen halten wir auch im Supermarkt Ausschau nach Surströmming, erfahren dort aber, dass es aufgrund von Ressourcenknappheit schon keinen mehr gibt. Na gut, so traurig sind wir auch nicht drum. Der Geruch war schon echt abartig!

In Örnsköldsvik hat die schwedische Outdoor-Marke Fjällräven ein Outlet, in dem wir uns ausgiebig umschauen, letztendlich aber nichts passendes finden. Da wir uns an der Höga Kusten, der höchsten Küste Europas befinden, wollen wir natürlich auch hier mal wieder ein bisschen wandern. Auf dem Skuleberget, der höchsten Erhebung der Region, kann man auf 295 Metern Höhe noch erkennen, wo sich nach Ende der letzten Eiszeit die Wasserlinie befunden hatte. Nach Wegschmelzen des Eises konnte sich das Land hier ungehindert heben und es entstand die Höga Kusten. 

Diese Wanderung ist für unsere Wanderzwerge nach den letzten Wochen ein Klacks. Oben angekommen teilen wir uns dann in 2 Teams. Team Sessellift genießt die Annehmlichkeit einer flüsterleisen Fahrt nach unten, während Team Vollblutwanderer eine andere Route zu Fuß nach unten geht. 

Am nächsten Tag geht es für uns durch das Hälsingland wieder landeinwärts nach Orsa. In diesem Gebiet gibt es viele historische Höfe, von denen einige zum Weltkulturerbe zählen. Die kulturell weniger interessierten 3/4 der Familie profitieren hier wieder vom Sommerende in Schweden. Die Höfe können zu dieser Zeit leider nicht mehr von innen besichtigt werden. Wir finden aber einen sehr schönen Hof, den man zumindest von außen bestaunen kann und der einige tolle Fotomotive liefert.

Nachdem wir in den letzten Tagen sehr viele Kilometer zurück gelegt haben, machen wir bei Orsa ein bisschen länger Halt. Wir finden einen ganz netten Campingplatz, der erst diese Saison von einem jungen niederländischen Pärchen übernommen wurde. Hier fühlen wir uns pudelwohl und bleiben gleich 3 Nächte. Die Betreiber machen sogar selbst Pizza. Nachdem wir während unserer Reise auf unsere Tradition der Pizza-Party-Friday-Night verzichten mussten, freuen wir uns riesig mal wieder eine selbstgemachte Pizza genießen zu dürfen.

In der Nähe gibt es einen Raubtierpark, den die Mädels unbedingt besuchen wollen. Auch hier ist schon nichts mehr los. Wir sind fast alleine auf den 40.000 Quadratmetern unterwegs. Wir haben großes Glück, weil wir trotz der riesigen Gehege Vielfraße, Braun-, Kodiak- und Eisbären, Schnee- und persische Leoparden, sowie Tiger zu sehen bekommen.

Als wir das idyllische Plätzchen schließlich verlassen, schlagen wir den Weg nach Süden ein. Wir machen Halt in Falun, wo jahrhundertelang Kupfer abgebaut wurde. Bei einem Spaziergang bestaunen wir den Krater einer früheren Mine. Hier sind vor vielen Jahren einige Gruben an einem Mittsommertag eingebrochen. Zum Glück haben an diesem Tag alle gefeiert und es befand sich keiner unter Tage, sodass es wie durch ein Wunder keine Opfer gab. Die rote Farbe, in der so viele Holzhäuser in Schweden gestrichen sind, wird übrigens aus einem Abfallprodukt der Kupfergewinnung hergestellt. 

Am nächsten Tag finden wir schließlich ein Museum, das noch nicht geschlossen hat. Es ist das Knäckbrotmuseum der Firma Wasa. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass es eher ein Fabrikverkauf mit ein paar schönen Postern und alten Maschinen ist. Zu unserem Glück hat Barilla Wasa vor einiger Zeit übernommen. Und so gibt es hier neben Knäckebrot auch Pasta zum Super-Sonderpreis. Welch glückliche Fügung, dass wir fast am Ende unserer Reise hier vorbei kommen und somit die Vorratskisten – vor dem “Museumsbesuch”- fast leer sind. 

Nun ist auch schon die siebte Woche unserer Rund-Ostsee-Tour fast vorbei und wir sehnen uns danach noch ein paar faule Tage am Strand zu verbringen. Wir werden uns also einen Campingplatz an der südschwedischen Ostsee-Küste suchen und dort noch ein bisschen entspannen und die letzten Wochen Revue passieren lassen, bevor wir mit unserem Zuhause auf 4 Rädern zurück nach Deutschland rollen.

Wir haben in dieser Woche 1226 Kilometer zurück gelegt.

Der Vildmarksvägen

Pünktlich zu unserer Tour auf Schwedens höchster geteerter Straße kommt die Sonne raus. Schon nach wenigen Kilometern erreichen wir unser erstes Ziel, den Trappstegsforsen. Bei diesem Wasserfall fließt der Fluss über viele kleine Stufen nach unten. Der Wasserfall liegt direkt an der Straße und ist in der Hochsaison sehr gut besucht. Da die Sommerferien in Skandinavien aber schon vorbei sind, ist auch der kleine Imbiss am Parkplatz schon geschlossen. Deshalb gibt es für uns leider keinen Rentier-Burger, der hier so gut schmecken soll.

Unser nächstes Ziel ist die Kirchenstadt Fatmomakke. Wir streifen durch das Örtchen und können sogar in einige der Häuser und Hütten hinein schauen. Und zum krönenden Abschluss gibt es ein leckeres Eis. Hier zahlen wir zum allerersten Mal auf unserer nun schon 5 Wochen währenden Reise mit Bargeld. Und das auch nur, um in den nächsten Tagen ein bisschen Kleingeld für mögliche Übernachtungsplatze und Entsorgungsstationen zu haben. Aber am Ende brauchen wir das gar nicht. Das Reisen in Skandinavien geht wirklich vollkommen bargeldlos. Selbst in der letzten Wildnis Europas.

Die Nacht verbringen wir schließlich auf dem Stekenjokk-Plateau, einer Hochebene oberhalb der Baumgrenze. Hier ziehen kleine Rentiergruppen ganz nah an uns vorbei. In der Nacht werfen wir dann auch mal die Heizung an, da es nur 4°C hat.

Am nächsten Tag fahren wir noch mal ein Stück zurück nach Klimpfjäll um hier ein bisschen zu wandern. Dabei entdecken wir einen ganz tollen Wasserfall, der den Trappstegsforsen eindeutig in den Schatten stellt, den Kullafallet. Nach ausgiebigem Plantschen und Fotografieren sowie einem leckeren Mittagessen, machen wir uns auf den Rückweg. 

Den Nachmittag verbringen wir auf einem Stellplatz am Fluss. Auch hier stehen wir ganz alleine und genießen die Natur. Zuerst nehmen die krasseren 3/4 der Familie ein Bad im Fluss. Das Weichei unter uns duscht lieber mit dem lauwarmen Wasser aus der Solardusche. Später gelingt es uns sogar mithilfe von ganz viel Zunder (Birkenrinde) ein Feuer zu machen und in der Glut eine Kartoffel zu backen. Und zum krönenden Abschluss dieses tollen Tages kuscheln wir uns alle in den Bus und schauen zusammen „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. 

Auch am nächsten Tag lacht die Sonne und wir beschließen statt einer 12 Kilometer langen Wanderung lieber zu chillen. Aber hier einen richtigen Badestrand zu finden ist gar nicht so leicht. Google Maps hilft auch nur bedingt weiter, denn man hat auf dem Vildmarksvägen nicht überall Netz. Und wenn man dann Empfang hat, kann man auf den Bildern nicht immer zweifelsfrei einen Sand- von einem Steinstrand unterscheiden. Wir finden dann aber doch noch ein idyllisches Plätzchen und genießen die schwedische Wildnis.

À propos Wildnis, erfreulicherweise ist uns hier noch kein Bär über den Weg gelaufen, obwohl diese Region die bärenreichste Europas ist. Hoffen wir mal, dass das so bleibt. Sicherheitshalber haben wir uns natürlich über das richtige Verhalten informiert. Aber die Mädels machen beim Wandern meist sowieso so einen Lärm, dass sie jeden Bär damit vergraulen. 

Am Abend entdecken wir einen ganz idyllisch gelegenen Naturcampingplatz, der von den Bewohnern des Ortes auf ehrenamtlicher Basis betrieben wird. Es gefällt uns so gut, dass wir beschließen noch eine 2. Nacht dort zu verbringen. Das ist erst das zweite Mal auf unserer bisherigen Reise, dass wir für mehr als eine Nacht an einem Ort bleiben. 

Wir genießen einen faulen Tag in der Sonne, lesen und spielen viel. Und die krassen 3/4 der Familie nehmen wieder ein Bad im 13°C kalten See. Ich bevorzuge dagegen wieder die warme Solardusche.

Nach ein paar ganz wundervollen Tagen geht unsere Runde über den Vildmarksvägen zu Ende. Wir haben in den letzten 4 Tagen 388 Kilometer zurück gelegt. Nun werden wir uns wieder nach Osten wenden und noch einmal an die Ostsee zurück kehren, bevor uns unser Weg immer weiter in den Süden Schwedens führen wird.